Technologie

Hermetisch dichte Steckverbinder: Der Ratgeber


Autor: Wolfgang Dietze, 02.08.2022

Hermetische Stecker sind besondere elektrische Steckverbinder welche absolut gasdicht versiegelt werden. Dadurch sind diese Steckverbinder die beste Wahl für sensible Anwendungen oder schwierige Umgebungsbedingungen.

Zur Herstellung kommen mehrere Verfahren in Frage welche gegeneinander abgewogen werden müssen. Dieser Ratgeber bietet einen direkten Vergleich und hilft Ihnen dabei die beste Entscheidung zu treffen.


Hermetische M8 / M12 Steckverbinder

Hermetische Mil Steckverbinder
hermetische gasdichte Steckverbinder

1 – Anwendungen für hermetisch dichte Stecker

Aus welchem Grund sollten Sie diese Steckverbinder-Klasse überhaupt erst in Betracht ziehen?

Der Hauptgrund einen hermetischen Stecker einzusetzen besteht im Schutz vor Umwelteinwirkung:

  • Absoluter Schutz vor Eintritt von Luft oder anderen Gasen
  • Steckerdesign welches wasserdicht ist zuverlässig Feuchteeintritt verhindert
  • Zuverlässige Abdichtung von Druckdifferenzen
  • Schutz vor aggressiven Medien und Einsatz in gefährlichen Umgebungen (Ex-Bereich / ATEX)

Hermetische Stecker werden oft mit militärischen Anwendungen in Verbindung gebracht. In der Luftfahrt müssen diese Steckverbinder sensible Elektronik vor diversen Einflüssen schützen: Höhenunterschiede und damit verbunden Druckunterschiede, verändernde Witterungsbedingungen und Temperaturgradienten.

Ursprünglich für militärische Anwendungen wurden genormte Stecker nach «MIL-STD» (military standard) oder «MS / MIL-SPEC» (military specification) eingeführt. Stecker z.B. nach MIL-DTL-38999 oder MIL-DTL-26482 gibt es dabei unter anderem auch in hermetischer Ausführung. Heutzutage haben die MIL-SPEC Stecker aufgrund der Robustheit auch in der Industrie eine breite Akzeptanz gefunden.

Der Schutz vor Feuchte hat gerade für Sensoranwendungen eine sehr hohe Bedeutung. Das Eindringen von Feuchtigkeit kann die Elektronik mit der Zeit zerstören. Ebenso können dadurch je nach Sensorprinzip Drifteffekte / Fehler im Sensorsignal auftreten, meist ohne dass dies direkt erkannt werden kann! In der Sensorik und industriellen Automatisierungstechnik haben sich die metrischen M8 und M12 Stecker nach IEC 61076-2 als Industriestandard etabliert – diese sind auch als hermetische Ausführungen auf dem Markt erhältlich.

Eine weitere Anwendung sind Stromdurchführungen für die Vakuumtechnik. Um ein Hochvakuum oder Ultrahochvakuum zu erreichen müssen die eingesetzten Steckverbinder absolut luftdicht sein. Mil-spec Stecker nach MIL-DTL-26482 / MIL-C-26482 werden sehr oft im Bereich der Vakuumtechnik als Standardstecker verwendet.

Die Dichtheit dieser Stecker wir meist mittels Heliumprüfgerät bestimmt. Ein Druckunterschied von 1bar über den Stecker wird zuerst mit Vakuumpumpe erzeugt. Danach wird Helium auf die andere Seite des Steckers gesprüht und die Leckrate durch die Abdichtung bestimmt. Damit ein Stecker als «hermetisch» betrachtet wird sollte er eine Leckrate unterhalb von 1e-7 bis 1e-8 mbar*l/s erreichen. Da das Helium-Molekül sehr klein ist sind diese Stecker auch absolut luftdicht, wasserdicht und erfüllen locker die typischen IP-Schutzklassen (IP67, IP68, IP69K).

Lassen Sie uns nun die verschiedenen Abdichtungstechniken genauer ansehen!


2 – Stecker mit Epoxidharz- oder Silikon-Verguss

Die erste Technologie welche wir betrachten ist das Abdichten durch Vergussmasse. Typischerweise besteht die Vergussmasse entweder aus Epoxidharz oder Silikon. Ein regulärer «nicht-hermetischer» Stecker mit Kunststoffisolator kann so durch eine Rückfüllung mit Vergussmasse hermetisch abgedichtet werden. Nach dem Vergiessen wird die Abdichtmasse in der Regel durch ein geeignetes Verfahren unter Temperatur gealtert.

Vorteile: Der Hauptvorteil bei diesem Verfahren ist die vergleichsweise geringe Komplexität. So werden keine(kaum) spezialisierten Anlagen und Werkzeuge benötigt. Somit kann dieser Prozess auch relativ einfach in die eigene Fertigung integriert werden. Temperaturen sind bei diesem Prozess vergleichsweise niedrig –unterschiedliche thermische Ausdehnungskoeffizienten spielen dadurch eine untergeordnete Rolle. Es gibt somit kaum Einschränkungen bei der Werkstoffwahl bei diesem Verfahren.

Nachteile: Während mit dieser Methode hochvakuumfähige Stecker hergestellt werden können, liegt die Dichtheit dennoch um Grössenordnungen schlechter als bei den anderen Technologien. Ein wesentlicher Grund dafür ist die höhere Diffusion von Gasen durch die Polymerwerkstoffe. Vergussmassen können auch ausgasen sowie Feuchte absorbieren was sich negativ auf Vakuumprozesse auswirken kann. Zusätzlich muss gesagt werden, dass die Umweltbedingungen weit eingeschränkter als bei anderen Technologien sind (Temperaturfähigkeit, Druckbeständigkeit, Medienkompatibilität).


3 – Stecker als Glas-Metall-Durchführungen

Diese Steckverbinder verwenden Glas als elektrischen Isolator als auch um hermetisch abzudichten. Die Fertigung der Glas-Metall-Verbindung wird in spezialisierten Einschmelzöfen bei ca. 1000 °C durchgeführt. Die Kavität zwischen Stiften und Gehäuse wird durch das geschmolzene Glas komplett ausgefüllt und führt beim Abkühlen zur hermetischen Verbindung. Eine reduzierende oder inerte Atmosphäre mit niedrigem Taupunkt schützt die metallischen Teile während dem Prozess vor Oxidation / Verfärbung. Glas-Metall Durchführungen werden von der Konstruktion her als Druckdurchführungen oder angepasste Durchführungen ausgelegt.

Vorteile: Die Glasdurchführung gilt für Viele als «Gold-Standard» für hermetisch dichte Steckverbinder. Der Hauptgrund liegt in der sehr hohen Zuverlässigkeit der Glasabdichtung. Für die meisten Anwendungsfälle gibt es praktisch keine Verschlechterung der Verbindung über die Zeit. Die hermetische Dichtheit wird somit über Jahre oder gar Jahrzehnte aufrechterhalten. Glas-Metall Durchführungen können hohe Temperaturen und sehr hohe Drücke aushalten und sind auch mechanisch sehr robust.

Nachteile: Die Auslegung der Glasdurchführungen muss sich an den typischen «Design-Rules» orientieren: So sollten unter anderem nur zylindrische Geometrien im inneren verwendet werden und bei der Werkstoffwahl müssen die thermischen Ausdehnungkoeffizienten berücksichtigt werden. Einige Werkstoffe (z.B. Aluminium) können zudem aufgrund von niedrigen Schmelzpunkten nicht mit Standardgläsern verschmolzen werden.


4 – Stecker als Keramik-Metall-Durchführungen

Bei dieser Technik werden Keramikkörper (meist Aluminiumoxid) als elektrische Isolatoren eingesetzt. Die hermetische Verbindung erfolgt dabei nicht direkt zwischen Keramik und Gehäuse / Stiften, sondern über eine Hartlotschicht. Damit ein metallisches Lot den Keramikkörper benetzen kann wird dieser typischerweise zuvor metallisiert. Im klassischen Verfahren wird eine Paste aus Molybdän-Mangan auf den Keramikkörper aufgebracht und unter feuchter H2-Atmosphäre gesintert. Um die Benetzung weiter zu verbessern wird die metallisierte Oberfläche zusätzlich mit galvanisch Nickel beschichtet. Danach kann der Steckeraufbau in einer trockenen H2-Atmosphäre oder im Hochvakuum hermetisch verlötet werden.

Vorteile: Die Keramikdurchführung gilt als «high-end» Technik welche der Glasdurchführung in gewissen Anwendungen überlegen sein kann. Da elastische Lote als Zwischenschicht verwendet werden ist die Beständigkeit gegen thermische- und mechanische-Schocks sehr hoch. Ausserdem können diese Durchführungen für sehr tote Temperaturbereiche ausgelegt werden.

Nachteile: Aufwendiger Herstellungsprozess.


5 – Fazit & unsere Schlussfolgerung

Welche Abdichtungstechnik sollten Sie nun einsetzen?

Es hängt natürlich von der Anwendung und den tatsächlichen Anforderungen im Detail ab. Als grobes Fazit sieht unsere Schlussfolgerung so aus:

Der Verguss mit Epoxidharz oder Silikon ist wohl das zugänglichste Verfahren. Wenn der Stecker rudimentär luftdicht oder wasserdicht (z.B. IP67) sein muss kann diese Variante völlig ausreichend sein. Wenn eine zuverlässige hermetische Abdichtung über die Lebensdauer des Steckers gefordert wird können wir aber diese Technik eher nicht empfehlen. Häufig werden Stecker welche mit Polymer-Vergussmassen abgedichtet sind daher nicht als «wahre» hermetische Steckverbinder angesehen. Anhand von Problemen / Ausfällen welche wir bei Kunden gesehen haben tendieren wir dazu dieser Aussage zuzustimmen.

Zwischen Glas-Metall und Keramik-Metall Durchführungen hängt die Entscheidung davon ab die zusätzliche Leistungsfähigkeit von Keramikdurchführungen benötigt wird (Sehr hohe Temperaturen, hohe Schockbelastungen in der Anwendung oder hohe Überspannungsanforderungen). Wenn dies der Fall ist gibt es oft keine wirkliche Alternative zur Keramikdurchführung.

Für die meisten hermetischen Anwendungen welche wir gesehen haben trifft dies jedoch nicht zu. In diesen Fällen ist die Glasdurchführung die deutlich ökonomischere Variante welche genau so zuverlässig ist.

Planen Sie ein Projekt bei welchem ein hermetisch dichter Stecker Vorteile bieten könnte?

Bitte nehmen Sie Kontakt mit uns auf damit wir das besprechen können!


Unsere Produkte und Services

Die Dietze Gruppe bietet massgeschneiderte Lösungen von der Konzeptionierung bis zur Serienreife. All unserer Produkte entstehen in enger Abstimmung mit unseren Kunden und werden entsprechend der Applikationsanforderung ausgelegt.



Glasdurchführungen

Unsere Glasdurchführungen ermöglichen die elektrische Kontaktierung von Komponenten in hermetisch dichten Gehäusen.

Kontaktstifte & Stanzteile

Unsere hochpräzisen Kontaktstifte und Stanzteile gewährleisten zuverlässige elektrische Verbindungen in anspruchsvollen Applikationen.

Stromzuführungen

Unsere Stromzuführungen ermöglichen die hermetische Abdichtung sowie die elektrische Verbindung für viele Arten von Lichtquellen.